Bundeskanzler Christian Stocker warnt, dass ein zukünftiger Frieden in der Ukraine keinesfalls ein „Diktatfrieden“ sein darf. In einem Gespräch mit der APA und der „Kleinen Zeitung“ äußerte er sich skeptisch gegenüber den Möglichkeiten eines echten Friedensdialogs, besonders angesichts der Haltung von Präsident Putin. Trotz dieser Herausforderungen bekräftigte Stocker Österreichs Bereitschaft, als neutraler Verhandlungsort für Friedensgespräche zur Verfügung zu stehen.
Stocker: „Ein Diktatfrieden ist keine Option“
Christian Stocker, Bundeskanzler und Vorsitzender der ÖVP, warnte vor einem sogenannten „Diktatfrieden“ im Ukraine-Konflikt. In einem Interview betonte er, dass ein solches Ergebnis für die Ukraine und Europa inakzeptabel wäre. Die europäische Haltung sei klar: Die Annexion der Krim durch Russland sei völkerrechtswidrig, und die Ukraine müsse die Bedingungen für einen Frieden selbst bestimmen.
„Wir sind immer auf der Seite des Rechts, auch in der EU“, sagte Stocker. Auf die Äußerungen von US-Präsident Donald Trump, wonach die Krim unter russischer Kontrolle bleiben müsse, reagierte der Kanzler mit deutlicher Ablehnung. Er betonte, dass Österreich und die EU in dieser Frage keine Zugeständnisse machen würden.
Österreich als Vermittler in Friedensgesprächen
Stocker bekräftigte das Angebot seines Vorgängers, Karl Nehammer, dass Österreich als neutraler Staat in der Europäischen Union ein geeigneter Verhandlungsort für Friedensgespräche sein könnte. „Wir könnten als Gastgeber eines Dialogs einen wertvollen Beitrag leisten“, sagte er. Österreich, als Sitz vieler internationaler Organisationen wie der UNO, bietet sich in dieser Hinsicht als diplomatischer Vermittler an.
„Wir können nur anbieten, dass wir als neutraler Staat ein Forum für Gespräche zur Verfügung stellen, aber die Entscheidung muss bei den Parteien liegen“, erklärte Stocker weiter. Ein solches Angebot wäre eine Chance, die Ukraine auf dem Weg zu einem gerechten und dauerhaften Frieden zu unterstützen.
Herausforderungen durch die US-Politik
Stocker räumte ein, dass die Beziehungen zwischen Österreich und den USA unter der Administration von Präsident Donald Trump schwieriger geworden seien. Trotz dieser Spannungen bleibe die transatlantische Partnerschaft für Europa jedoch von entscheidender Bedeutung, sowohl politisch als auch wirtschaftlich. Die europäische Zusammenarbeit müsse daher gestärkt werden, auch wenn Europa sich zunehmend selbst organisieren müsse.
„Europa steht vor einer neuen Realität, in der es auf sich selbst gestellt ist. Dies kann jedoch auch eine Gelegenheit sein, unsere Eigenständigkeit zu stärken“, sagte Stocker. Ein stärkeres europäisches Zusammenarbeiten in Fragen der Verteidigung und des Außenhandel könne langfristig von Vorteil sein.
Österreichs Beitrag zur Verteidigung der EU
Im Hinblick auf die geplanten Investitionen der EU-Kommission von 800 Milliarden Euro zur Verteidigung Europas bekräftigte Stocker Österreichs Bereitschaft zur Beteiligung. Österreich plane, seine Verteidigungsausgaben auf 2 Prozent des BIP zu erhöhen, was angesichts der aktuellen Haushaltslage ein ehrgeiziges Ziel darstelle.
Stocker hob hervor, dass Österreich auch an gemeinsamen Verteidigungsprojekten der EU teilnehmen wolle, wie dem geplanten europäischen Raketenschutzschirm Skyshield. Trotz der Neutralität des Landes sei eine Teilnahme an solchen Programmen möglich, da die Systeme kompatibel bleiben würden, jedoch die Entscheidung über den Einsatz der Systeme weiterhin im Inland getroffen werde.
„Für uns ist es eine Frage der Wirtschaftlichkeit und Kompatibilität“, erklärte der Kanzler. Österreich könne somit auch als neutraler Staat einen Beitrag zur europäischen Sicherheit leisten.
Herausforderungen beim nächsten EU-Finanzrahmen
Stocker zeigte sich besorgt über die finanziellen Perspektiven für die EU nach 2027. Angesichts der angespannten nationalen Haushalte in vielen EU-Ländern, darunter auch Österreich, erwartet der Kanzler keine großen Spielräume für neue Mittel im nächsten mehrjährigen Finanzrahmen. Österreich als Nettozahler müsse weiterhin seine Stabilitätskriterien einhalten und seine Wirtschaftskraft stärken.
„Wir können uns nur zu konkreten Zahlen äußern, wenn die Verhandlungen beginnen“, sagte Stocker. Er betonte, dass Österreich weiterhin gegen eine gemeinsame Schuldenaufnahme in der EU sei. Jedes Land solle für die aufgenommenen Mittel selbst verantwortlich bleiben und diese auch zurückzahlen.
Österreich bleibt trotz der Herausforderungen ein stabiler Partner in der europäischen Politik. Stocker betonte, dass das Land sowohl zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit in der Ukraine als auch zur Verteidigung der EU bereit ist. In einer zunehmend multipolaren Welt wird es für Österreich und die EU entscheidend sein, ihre diplomatische und wirtschaftliche Unabhängigkeit zu bewahren.