Nach einem tödlichen Anschlag im indisch kontrollierten Teil von Kaschmir haben die Vereinten Nationen (UNO) beide Nachbarstaaten, Indien und Pakistan, zur Zurückhaltung aufgerufen. Die Lage zwischen den verfeindeten Ländern hat sich nach dem Angriff deutlich verschärft. Der UNO-Sprecher Stéphane Dujarric sagte am Donnerstag in New York, man appelliere an beide Seiten, „größtmögliche Zurückhaltung zu üben und eine weitere Eskalation zu vermeiden“.
Angriff auf Touristen erschüttert Indien
Am Dienstag hatten unbekannte Täter im beliebten Ferienort Pahalgam, rund 90 Kilometer von Srinagar entfernt, eine Gruppe Touristen angegriffen. Dabei wurden 26 indische Staatsbürger und ein nepalesischer Tourist getötet. Die Täter konnten zunächst fliehen. Die Polizei in Indien vermutet drei Mitglieder der militanten Gruppe Lashkar-e-Taiba (LeT) hinter dem Anschlag. Für Hinweise auf die Verdächtigen setzte die Polizei ein Kopfgeld in Höhe von zwei Millionen Rupien (etwa 22.000 Euro) aus.
Politische Reaktionen: Ausweisungen und Handelsstopp
Der Anschlag löste eine diplomatische Krise zwischen Indien und Pakistan aus. Beide Regierungen überzogen sich mit gegenseitigen Strafmaßnahmen. Neu Delhi kündigte an, alle pakistanischen Staatsbürger bis spätestens Dienstag des Landes zu verweisen. Zudem ordnete das indische Außenministerium die Schließung des zentralen Grenzübergangs und die Aussetzung eines Abkommens zur gemeinsamen Nutzung von Wasserressourcen an.
Islamabad reagierte prompt. Die pakistanische Regierung verwies mehrere indische Diplomaten des Landes und kündigte einen sofortigen Stopp aller Handelsaktivitäten mit Indien an. Darüber hinaus erklärte sie, dass jede Beeinträchtigung der Wasserzufuhr durch den Indus-Fluss als „kriegerischer Akt“ gewertet werde.
UNO mahnt zur Deeskalation
UN-Sprecher Dujarric betonte, dass alle Konflikte zwischen Indien und Pakistan „ausschließlich auf friedlichem Wege“ gelöst werden sollten. Angesichts der jahrzehntelangen Spannungen um die Himalaya-Region Kaschmir sei eine weitere Eskalation äußerst gefährlich – nicht nur für die Region, sondern auch für die internationale Stabilität.
„Wir fordern beide Regierungen auf, mit größtmöglicher Zurückhaltung zu handeln und direkte Gespräche aufzunehmen“, so Dujarric.
Kaschmir – eine Region mit langem Konflikt
Kaschmir ist eine der am stärksten umstrittenen Regionen der Welt. Seit der Teilung Britisch-Indiens im Jahr 1947 beanspruchen sowohl Indien als auch Pakistan das Gebiet vollständig für sich. Zwei Kriege wurden bereits um die Kontrolle der Region geführt. Heute wird der indisch kontrollierte Teil regelmäßig von Angriffen militanter Gruppen erschüttert. Diese richten sich meist gegen Sicherheitskräfte und haben in der Vergangenheit weniger Opfer gefordert als der jüngste Anschlag.
Die Region ist mehrheitlich muslimisch geprägt und liegt strategisch inmitten des Himalayas. Für beide Länder hat Kaschmir daher nicht nur symbolische, sondern auch sicherheitspolitische Bedeutung. Der aktuelle Anschlag gilt als schwerster seit über 20 Jahren und hat das ohnehin angespannte Verhältnis der beiden Atommächte weiter verschärft.
Internationale Sorgen wachsen
Auch andere internationale Akteure äußerten sich besorgt. Die Europäische Union rief zur Mäßigung auf, während Menschenrechtsorganisationen an beide Länder appellierten, Zivilisten zu schützen und diplomatische Wege zu suchen. Die USA und China, die ebenfalls enge Beziehungen zu beiden Ländern pflegen, hielten sich mit Kommentaren bislang zurück.
Friedliche Lösung dringender denn je
Der Anschlag in Pahalgam hat das fragile Gleichgewicht in Südostasien erschüttert. Die UNO ruft mit Nachdruck zur Deeskalation auf, doch beide Länder halten vorerst an ihren harten Positionen fest. Eine dauerhafte Lösung des Kaschmir-Konflikts scheint nach wie vor weit entfernt – doch der jüngste Vorfall zeigt, wie dringend sie gebraucht wird.