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US-Wissenschaftler Erstellen Detaillierteste 3D-Karte des Säugetiergehirns

by Paul Quinn
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US-Wissenschaftler Erstellen Detaillierteste 3D-Karte des Säugetiergehirns

Wissenschaftler aus den USA haben eine der bislang detailliertesten 3D-Karten eines Säugetiergehirns erstellt. Diese bahnbrechende Studie wurde von einem interdisziplinären Team unter der Leitung des Allen Institute for Brain Science in Seattle durchgeführt. Das Projekt mit dem Namen MICrONS hat einen präzisen Einblick in die Struktur und Funktion von Nervenzellen im Gehirn einer Maus geliefert. Die Daten zeigen einen kubischen Millimeter der Sehrinde der Maus und enthalten 84.000 Nervenzellen, mehr als 500 Millionen Synapsen und etwa 5,4 Kilometer neuronale Verbindungen.

Einblick in neuronale Signalweitergabe

Das Team verfolgte dabei nicht nur die Struktur der Nervenzellen, sondern auch deren elektrische Kommunikation. Diese Erkenntnisse eröffnen neue Perspektiven auf die Funktionsweise von Wahrnehmung, Gedächtnis und möglicherweise sogar Bewusstsein. „Das Ziel war es, zu verstehen, wie sich Signale zwischen Nervenzellen übermitteln und die neuronale Kommunikation abläuft“, erklärt Dr. Clay Reid, Neurobiologe am Allen Institute. Diese Entdeckungen könnten weitreichende Auswirkungen auf das Verständnis der Funktionsweise des Gehirns haben, insbesondere in Bezug auf neurologische Erkrankungen.

Forschungsmethoden und Technologie

Der erste Schritt des Projekts bestand darin, die Gehirnaktivität einer Maus zu überwachen, während sie Filme und Videos auf YouTube ansah. Dies ermöglichte den Forschern, die Aktivitäten in der Sehrinde zu analysieren. Anschließend zerschnitten Experten des Allen Institute das Gehirn der Maus in über 25.000 ultradünne Schichten, die nur ein Vierhundertstel eines Haares dick sind. Diese Schichten wurden dann mit Elektronenmikroskopen in höchster Auflösung abgebildet.

Ein Team von Wissenschaftlern der Princeton University nahm sich der Aufgabe an, diese Schichten mithilfe von Künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen zu einem vollständigen 3D-Modell zusammenzusetzen. Das finale Datenset umfasst 1,6 Petabyte, was der Menge an Daten entspricht, die 22 Jahre ununterbrochenes HD-Video erzeugen würden.

Überraschende Entdeckungen über Gehirnzellen

Die Forschung brachte mehrere überraschende Ergebnisse. Insbesondere stellten die Wissenschaftler fest, dass hemmende Nervenzellen im Gehirn nicht wie bisher angenommen wahllos dämpfen. Stattdessen zielen sie gezielt auf bestimmte Zielzellen ab. Dies deutet auf ein koordinierteres, netzwerkweites Zusammenspiel der Zellen hin, anstatt auf eine einfache Unterdrückung. Dr. Nuno da Costa, ebenfalls vom Allen Institute, beschreibt die Entdeckung als „Google Maps des Gehirns“, die uns helfen könnte, gesunde mit kranken Gehirnen zu vergleichen. Diese Erkenntnisse sind entscheidend, wenn es um Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson, Autismus oder Schizophrenie geht.

Ein Meilenstein für Neurowissenschaften

Die Karte hat das Potenzial, als Blaupause für die Gehirnforschung zu dienen. Laut Dr. David Markowitz von der US-Behörde IARPA, die das Projekt mitkoordiniert hat, stellt diese Entdeckung einen „Meilenstein für die Neurowissenschaften“ dar. In ähnlicher Weise wird sie als vergleichbar mit dem Humangenomprojekt angesehen, das die genetische Grundlage des Menschen entschlüsselte.

Die Ergebnisse dieser Forschung wurden in mehreren Artikeln in der renommierten Fachzeitschrift Nature veröffentlicht. Experten aus verschiedenen Bereichen, von Neurowissenschaften bis Künstliche Intelligenz und Medizin, betrachten diese Entdeckungen als bahnbrechend. Die detaillierte 3D-Karte des Gehirns könnte nicht nur unser Wissen über neuronale Netzwerke vertiefen, sondern auch neue Therapieansätze für neurologische Erkrankungen bieten.

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